Nicht erst seit 2016/ 17 versuchen Rechte das Thema Gewalt gegen Frauen für sich zu besetzen. Die Mobilisierungen nach der Silvesternacht in Köln oder auch in Kandel zeigen ein großes Potential und bieten Anknüpfungspunkte zu Bürgerlichen. Forderungen nach dem „Schutz unserer Frauen“ und der häufigen Thematisierung von Gewalt gegen weiße Frauen, wenn sie denn von Männern, die als migrantisch und nicht deutsch markiert wurden, flossen in den öffentlichen Diskurs ein.
Nun müssen wir genauer hinschauen, denn in diesen Mobilisierungen und Forderungen ging es nicht um die tatsächliche Thematisierung und Ächtung patriarchaler Gewalt, sondern um Rassismus. Es ging nicht um Rechte und Forderungen von Frauen, Lesben, Inter, Non- Binären und Transpersonen, sondern darum Ängste zu schüren, die auf rassistischen Stereotypen basieren. Das Bild der weißen Frau die vor Nicht-weißen, triebbehafteten Männern geschützt werden müsse, reicht bis weit in die Kolonialzeit zurück. Dabei geht es nicht um die Frau an sich, ihre emotionalen und physischen Verletzungen, sondern sie wird gebraucht, um weiße Kinder zu gebären, dient folglich dem Schutz der imaginierten weißen „Rasse“. Der weiße Mann kann sich hingegen durch die Funktion als Beschützer, seine Männlichkeit beweisen.
Hier geht es um Rassismus und nicht um die Thematisierung patriarchaler Gewalt.
Wenn wir Gewalt an FLINT thematisieren möchten, müssen wir weiter schauen. Zum einen ist nicht nur die weiße Cis- Frau Opfer von Gewalt, sondern ebenso Women of Colour, sowie Intersexuelle, Nicht- Binäre und Transpersonen. All jene Menschen, die weiblich gelesen werden, weibliche Merkmale tragen und/ oder die das Konstrukt der Zweigeschlechtlichkeit durch ihr Sein, ihr Auftreten oder Verhalten in Frage stellen.
Zum Anderen sind die Täter nicht der vorgestellte „Fremde“, sondern es sind oftmals Menschen aus dem Bekannten-, Freund*innenkreis oder der Familie.
Jede dritte Frau wird in ihrem Leben Opfer von sexualisierten Übergriffen und Gewalt. Dies schafft Angst und Unsicherheitsräume, die dem Machterhalt dienen.
Doch wir lassen uns den öffentlichen Raum nicht nehmen.
Gewalt gegen FLINT ist Ausdruck eines Machtgefälles, das durch Geschlecht vermittelt wird- dem Patriarchat. Gegen diese Gewalt zu sein, bedeutet das Patriarchat bekämpfen zu wollen. Das geht nur allumfassend durch feministische Praxis, die antifaschistisch, antisemitismuskritisch und antirassistisch ist.
Die extreme Rechte hingegen ist weit davon entfernt feministisch zu sein, im Gegenteil sie sind antifeministisch. Ob Abtreibungsgegnerinnen und -gegner, Teilnehmende der so genannten „Demos für alle“ usw., sie alle eint das Bestreben die Errungenschaften des Feminismus zurückzudrängen.
Sie beharren auf dem Konstrukt der Zweigeschlechtlichkeit, richten sich gegen Lebensentwürfe, die nicht der heteronormativen Kleinfamilie entsprechen und gehen von starren Rollenbildern aus.
Ihre Agitation ist voll Mysogenie, LSBTIQ-Feindlichkeit und Sexismus.
Und den Worten folgen Taten:
Von Anders Breivik, über die rechten Terroristen von Christchurch und Halle, bis hin zu dem rechten Attentäter von Hanau, sie eint, dass sie Pamphlete hinterlassen haben, um ihre Morde zu begründen. Neben Antisemitismus und Rassismus einte sie auch die Mysogenie und ein tief sitzender Antifeminismus. So wurde den Feminist*innen die Schuld an einem konstruierten „großen Austausch“ gegeben, der das imaginierte homogene „Volk“ zerstöre. Ganz bewusst, töteten alle Women of Colour und Frauen, bei denen sie einen Migrationshintergrund annahmen.
Ferhat Unvar, Mercedes Kierpacz, Sedat Gürbüz, Gökhan Gültekin, Hamza Kurtović, Kaloyan Velkov, Vili Viorel Păun, Said Nesar Hashemi, Fatih Saraçoğlu wurden Opfer von rechtem Terror in Hanau. Sie alle wurden brutal aus ihrem Leben gerissen. An dieser Stelle möchten wir an sie und ihre Angehörigen denken. Unsere Wut und unsere Trauer sind bei ihnen
(Schweigeminute)
Doch es reicht nicht zu Schweigen. NSU, Kassel, Halle und nun auch Hanau wurden politisch nun oft als Zäsuren betrachtet, doch konsequent antifaschistisches Handeln blieb aus.
Es bleibt an uns. Mit uns meine ich Antifaschist*innen, Feminist*innen, Menschen die von Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus, LSBTIQ-Feindlichkeit und Sexismus betroffen sind.
Wir müssen solidarisch sein.
Wir gehören auf die Straße, um unserem Protest Ausdruck zu verleihen. In Diskussionen müssen wir uns der zunehmenden Barbarisierung widersetzen und für unsere emanzipatorischen Vorstellungen einer Gesellschaft argumentieren. Wir müssen aufeinander aufpassen.